Das Versorgungsmonopol Euratoms für spaltbares Material

Das Versorgungsmonopol Euratoms für spaltbares Material


In den Jahren von 1955 bis 1957 geben die Verhandlungen von Brüssel über die künftige Europäische Atomgemeinschaft Anlass für einen erbitterten Kampf der sechs Mitgliedsstaaten über das Monopol von Euratom für den Kauf und die Lieferung spaltbaren Materials, an dem Euratom überdies das Eigentumsrecht hätte. Von Beginn der Diskussionen an bekräftigt die französische Delegation, dass dies die beste Möglichkeit sei, um für alle ohne Diskriminierung den freien Zugang zu spaltbarem Material und eine effiziente Kontrolle seiner Verwendung zu gewährleisten. Paris sieht darin eine Möglichkeit für Euratom, in nuklearen Fragen auf internationaler Ebene einen ähnlich starken wie die Vereinigten Staaten und die Sowjetunion auszuüben. Es geht aber auch darum, die Verwendung dieses spaltbaren Materials wirksam zu kontrollieren, da sonst die Amerikaner jegliche Zusammenarbeit verweigern oder ihre eigene Kontrolle auferlegen würden. In Wahrheit geht es für Frankreich vor allem darum, die Entwicklung einer eigenständigen deutschen Atomindustrie zu verhindern und für die französischen nuklearen Einrichtungen, die außerordentlich gut entwickelt sind, spaltbares Material in ausreichender Menge und zum geringst möglichen Preis sicherzustellen.


Anlässlich des Treffens der Delegationsvorsitzenden in der Regierungskonferenz für den Gemeinsamen Markt und Euratom am 13. und 14. Dezember 1956 fordert die französische Delegation, dass in Abweichung vom Prinzip der Gleichheit zwischen den Mitgliedstaaten Frankreich für eine Zeitspanne von zehn Jahren eine vorrangige Beschaffung von spaltbarem Material zugesichert wird, damit es seinen Bedarf für das laufende Atomprogramm decken kann. Angesichts der Proteste der europäischen Partner, allen voran die Bundesrepublik Deutschland (BRD), die seine eigenen Unternehmen begünstigen möchte, macht Paris das Eigentum an und dem Monopol Euratoms im Hinblick auf spaltbares Material zu nicht verhandelbaren Grundprinzipien. Um die politische Blockade zu lösen, sieht die französische Delegation drei Ausnahmen für dieses Monopol vor: Ein Mitgliedsstaat kann spaltbares Material von einem Drittstaat kaufen, wenn die Euratom Mineralien und spaltbares Material in unzureichender Menge, zu einem zu hohen Preis oder zu anderen Konditionen als denen des Weltmarktes liefert. Die deutsch-französische Konfrontation angesichts der Frage des Eigentums an spaltbarem Material setzt sich aber im Januar 1957 fort. Tatsächlich dauert es bis zur Konferenz der Regierungschefs und der Außenminister der sechs Mitgliedsstaaten in Paris am 19. und 20. Februar 1957, bis das Prinzip des Eigentumsrechts von Euratom an den so genannten besonderen spaltbaren Materialien verabschiedet wird.

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