Der Adenauer-Plan zur Gründung einer deutsch-französischen Union

Der Adenauer-Plan zur Gründung einer deutsch-französischen Union

 

Anfang 1950 sind die deutsch-französischen Beziehungen sowohl durch die Annäherungsversuche zwischen den beiden Ländern als auch durch heftige Spannungen wegen der Saarfrage und der eventuellen Wiederbewaffnung der Bundesrepublik Deutschland geprägt. Vom 13. bis 15. Januar 1950 unternimmt der französische Außenminister Robert Schuman eine Informationsreise in die BRD, um dort Bundeskanzler Konrad Adenauer zu treffen. Ungeachtet der historischen Bedeutung dieser Begegnung und der anschließenden Bemühungen der beiden Männer um die europäische Einheit führt die Reise von Robert Schuman zu keinem konkreten Ergebnis und verdeutlicht vor allem die erheblichen Meinungsverschiedenheiten, die zwischen den beiden Politikern im Hinblick auf die Regelung der Saarfrage bestehen. Frankreich, das sich der strategischen Bedeutung der deutschen Saargebiete, die zu den reichsten und produktivsten Kohlebecken in Europa zählen, bewusst ist, lehnt eine Rückgabe des Gebiets an Deutschland ab. Die Spannungen, die das Saarproblem seit dem Deutschlandbesuch Schumanns hervorruft, nehmen immer größere Ausmaße an. Die deutschen Behörden fordern die Aufhebung des Saarstatuts sowie die Durchführung einer Volksabstimmung über die Zukunft des Saarlands, stoßen jedoch bei der französischen Regierung auf Ablehnung.

 

Der deutsche Bundeskanzler ist jedoch bestrebt, das Land aus seiner Isolation herauszuführen und die vollständige territoriale Souveränität des westlichen Deutschlands wiederherzustellen. Obgleich der Besuch von Robert Schuman nicht die erhofften Ergebnisse gebracht hat, spricht sich Bundeskanzler Adenauer öffentlich mehrfach für eine Annäherung zwischen Frankreich und der BRD aus. Für Adenauer hängt die Zukunft Europas von der Versöhnung und Verständigung zwischen diesen beiden Ländern ab.

 

So gibt der Bundeskanzler zwei Monate nach dem Besuch von Robert Schuman am 6. und 21. März 1950 dem amerikanischen Journalisten Kingsbury-Smith ein Interview, in dem er den Gedanken einer deutsch-französischen Union äußert und die Aussöhnung zwischen Frankreich und der BRD als wesentlichen Faktor für den Wiederaufbau Westeuropas bezeichnet. Der Plan sieht einen politischen und wirtschaftlichen Zusammenschluss beider Länder, verbunden mit der Schaffung eines gemeinsamen Parlaments und einer gemeinsamen Staatsbürgerschaft, vor. Konrad Adenauer erwähnt in seinen Vorschlägen, dass auch andere europäische Länder die Möglichkeit haben müssen, sich diesem deutsch-französischen Kern anzuschließen, um so den Grundstein für die Vereinigten Staaten von Europa zu legen.

 

Die Vorschläge von Kanzler Adenauer finden keinen Anklang bei den französischen Behörden, die das deutsche Vorhaben als wenig überzeugend und undurchführbar einschätzen. Die französische Presse bezeichnet das Vorhaben einer deutsch-französischen Union als unseriös und aussichtslos, weil es an die Bedingung geknüpft sei, dass das Saarland an Deutschland zurückgegeben werde. General de Gaulle ist der einzige französische Politiker, der sich nicht geringschätzig zum Adenauer-Plan äußert. Auf einer Pressekonferenz am 16. März 1950 im Außenministerium am Quai d'Orsay bekennt er sich zu der Notwendigkeit einer deutsch-französischen Zusammenarbeit und begrüßt in diesem Sinne die Idee von Bundeskanzler Konrad Adenauer für eine Union zwischen Frankreich und der Bundesrepublik Deutschland (BRD), der der Rivalität zwischen den beiden Ländern ein Ende bereiten würde. 

 

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