Der Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft

Der Vertrag zur Gründung Euratoms


Seit Beginn des europäischen „Relance“-Prozesses strebt man die Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft (EAG oder Euratom) an. Dabei verfolgt man wie bei der Schaffung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) den Ansatz einer Integration nach Wirtschaftssektoren – in diesem Fall der zivilen Nuklearenergie –, im Gegensatz zu einer umfassenden Wirtschaftsintegration, die bei der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) zum Tragen kommt. Aber der Vertrag zur Gründung Euratoms, der 225 Artikel und fünf Anhänge zählt, übernimmt die Organstruktur der beiden anderen Verträge: Versammlung, Rat, Kommission und Gerichtshof. EAG und EWG verfügen gemeinsam über die Versammlung und den Wirtschafts- und Sozialausschuss (WSA). Angesichts der besonderen Aufgabe der Atomgemeinschaft unterscheidet sich jedoch das Ausmaß der ihren Organen übertragenen Befugnisse von denen der EWG. Die Verhandlungen über Euratom betreffen vor allem acht Hauptaktivitäten, die sich auch im Aufbau des Vertrags wieder finden: Entwicklung der Forschung und Verbreitung von Kenntnissen, Gesundheitsschutz, Investitionen und gemeinsame Unternehmen, Versorgung, Überwachung der Sicherheit, gemeinsamer Markt für Kernenergie und Außenbeziehungen.


Aufgabe der Atomgemeinschaft ist es, durch die Schaffung der für die schnelle Bildung und Entwicklung von Kernindustrien erforderlichen Voraussetzungen zur Hebung der Lebenshaltung in den Mitgliedstaaten und zur Entwicklung der Beziehungen mit den anderen Ländern beizutragen. Ihre Befugnisse betreffen ausschließlich die friedliche Nutzung der Kernenergie. Hinter dem Euratom-Vertrag, der im Gegensatz zum fünfzig Jahre währenden EGKS-Vertrag für eine unbestimmte Dauer geschlossen wurde, steht die Idee, dass mit Hilfe einer engen Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten die Mitgliedstaaten gemeinsam Zugang zur nuklearen Energieerzeugung erhalten, den industriellen Kreislauf kontrollieren, die Versorgung mit natürlichem Uran und besondere spaltbaren Stoffen organisieren und die Grundlagen für das in einem so heiklen Bereich notwendige Kontrollsystem schaffen können. Die gemeinsame Versorgungspolitik wird einer Versorgungsagentur übertragen, einer autonome Einrichtung mit Rechtspersönlichkeit und finanzieller Autonomie, obgleich sie der Aufsicht der Kommission unterstellt ist. Für die Erfüllung ihrer Aufgaben verfügt sie über ein Bezugsrecht für Erze, Ausgangsstoffe (Uran) und besondere spaltbare Stoffe (Plutonium), die im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten erzeugt werden, sowie das ausschließliche Recht zum Abschluss von Lieferverträgen für diese Erzeugnisse aus Staaten innerhalb oder außerhalb der Gemeinschaft. Die Versorgung wird durch die Kontrolle des Endziels der Erzeugnisse und ihre Nutzung zu ausschließlich speziellen Zwecken gewährleistet. Der Euratom-Vertrag organisiert auch einen gemeinsamen Nuklearmarkt.

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