Das Memorandum der Beneluxstaaten

Das Memorandum der Benelux-Staaten


Aufgrund der Initiativen, die der niederländische Außenminister Johan Willem Beyen seit zwei Jahren ergriffen hat, um dem europäischen Aufbau ausgehen von einem allgemeinen gemeinsamen Marktes neuen Schwung zu geben, treffen der belgische Außenminister Paul-Henri Spaak und sein luxemburgischer Amtskollege Joseph Bech ihren niederländischen Kollegen am 23. April 1955 in Den Haag. Sie einigen sich prinzipiell auf ein gemeinsames Memorandums, das die von Jean Monnet vertretenen Ideen und die Vorstellungen Beyens zusammenfasst. Sie beschließen, ihren europäischen Partnern einen sektoriellen Ansatz für das Verkehrswesen und die Energie, besonders die Kernergie, und die parallele Einrichtung eines allgemeinen gemeinsamen Marktes vorzuschlagen.


Das Memorandum der Benelux-Staaten wird am 18. Mai fertig gestellt und zwei Tage später offiziell an die deutsche, französische und italienische Regierung adressiert. In diesem Dokument unterstreichen die drei Verfasserstaaten nachdrücklich die Notwendigkeit, die Zuständigkeiten der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) auf weitere Bereiche wie das Verkehrswesen, den Energiesektor und die friedliche Nutzung der Kernenergie auszuweiten. Sie bestehen auch auf der Notwendigkeit einer Wirtschaftsgemeinschaft auf der Grundlage eines gemeinsamen Marktes, der durch die schrittweise Beseitigung der mengenmäßigen Beschränkungen und der Zölle verwirklicht werden soll. Das Benelux-Memorandum bringt weiterhin den Wunsch der drei Verfasserstaaten zum Ausdruck, die europäische Integration auf sozialer und finanzieller Ebene durchzuführen. In der Überzeugung, dass unabhängige Institutionen eine Garantie für die kleinen Länder sind, unterstreichen die drei Verfasserstaaten schließlich die Notwendigkeit, eine gemeinsame Behörde mit eigenen Befugnissen zu haben. Aus diesem Grund schlagen sie vor, eine internationale Konferenz zu organisieren, um die Integration in den Bereichen Verkehr, Energie, Kernenergie und Sozialgesetzgebung sowie die Bedingungen und das Programm einer allgemeinen Integration der europäischen Wirtschaft vorzubereiten. Die Idee steht im Raum. Am 14. Mai 1955 verabschiedet die Gemeinsame Versammlung der EGKS außerdem einstimmig eine Entschließung, mit der sie die sechs Außenminister, die sich Ende des Monats in Messina treffen wollen, um einen Teil der Hohen Behörde der EGKS zu erneuern, dazu auffordert, eine oder mehrere Regierungskonferenzen in Zusammenarbeit mit den Organen der Gemeinschaft mit der Ausarbeitung der Verträge zu betrauen, um neue Fortschritte auf dem Weg zur europäischen Integration zu ermöglichen.


Ohne Zeit zu verlieren, beziehen die deutsche und die italienische Regierung Stellung, indem sie ihrerseits jeweils ein Memorandum vorlegen. Das deutsche Memorandum ist ein Kompromiss zwischen der Haltung des Wirtschaftsministers Ludwig Erhard, der den sektoriellen „Dirigismus“ und die Supranationalität ablehnt, und der des Bundeskanzlers Konrad Adenauer, der mehr an den politischen Aspekten einer Wirtschaftunion interessiert ist. Die Note aus Bonn unterstützt die Vorschläge der Benelux-Staaten, was die Bereiche der Energie und des Verkehrswesens anbelangt, unterstreicht aber nochmals die friedliche Nutzung der Kernenergie. Das deutsche Memorandum empfiehlt auch Übergangsmaßnahmen, um die Umstrukturierung der nationalen Wirtschaften zu erleichtern, und plädiert für die Einrichtung einer europäischen Universität. Das italienische Memorandum unterstreicht seinerseits nachdrücklich die Notwendigkeit einer Koordinierung der Wirtschaftspolitik im künftigen Gemeinsamen Markt. Die drei Memoranden, die unterstreichen, wie wichtig es ist, die Briten in die zukünftigen Arbeiten einzubinden, fordern alle einen allgemeinen gemeinsamen Markt und akzeptieren eine Vorgehensweise nach Wirtschaftssektoren für die Atomenergie und das Verkehrswesen. Alle drei stehen vom 1. bis 3. Juni in Messina auf der Tagesordnung der ersten Außenministerkonferenz der EGKS seit dem Scheitern der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft (EVG).

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